Frühjahrsputz und Herbst-Kehraus im Grünen – die Arbeitseinsätze im Lindenpark

arbeitseinsatzJeweils im April und im Oktober lädt der Verschönerungsverein zu Rostock an einem Samstag zu seinem Arbeitseinsatz im Lindenpark ein. Wege harken, Papier sammeln, Stockausschläge schneiden - Arbeit gibt es genug.

Traditioneller Abschluss ist ein kleines Grillfest auf dem Bauhof des Grünamtes am Rande des Parks.

ForstarbeitEs ist sicher auch den geltenden Coronaregeln geschuldet, dass viele Bürger*innen derzeit vermehrt Spaziergänge durch die städtischen Grünanlagen unternehmen. Dem aufmerksamen Beobachter entgeht dabei nicht, dass in den dem Schröderplatz zugewandten Wallanlagen und dem Lindenpark derzeit umfangreiche Auslichtungen vorgenommen werden. Rund um die Teufelskuhle werden Bäume gefällt und Unterholz beseitigt. Über die Notwendigkeit und den Nutzen besteht dabei unter den Spaziergänger*innen nicht immer Einigkeit. Die Tagespresse berichtet, ordnet aber kaum ein.

Groß sind die Bedenken, dass wertvoller Lebensraum für Kleintiere zerstört und die Artenvielfalt einer Einöde weicht. Glücklicherweise ist das nicht der Fall. Deshalb begrüßt der Verschönerungsverein die vom Amt für Stadtgrün durchgeführten Maßnahmen, ja, hält sie für sinnvoll und notwendig. Die städtischen Grünanlagen, so könnte man sagen, sind die Gärten der Stadt. Gärten brauchen Pflege, sonst verwildern sie. Und überalterte Parkanlagen brechen über kurz oder lang in sich zusammen. Bäume werfen trockene Äste auf Wege ab, undurchdringliches Unterholz bietet Unterschlupf für Ratten und Müll. Man könnte hier einwenden, dass ebendies auch in Wäldern geschieht. Das ist richtig, nur, Städte sind dem Wald und der Wildnis abgewonnener Lebensraum. Sie definieren sich durch ihre Formung für den Siedlungszweck, durch Häuser, Straßen, Brücken, Gehwege und eben auch durch Grünanlagen. Sie alle brauchen ständige Pflege: Bauwerke, um den schon am Tag der Fertigstellung einsetzenden Verfall aufzuhalten, und Grünanlagen, um ihren gestalteten Zustand zu erhalten.

Die Wallanlagen und der Lindenpark sind nie Wald gewesen. Sie sind historische Zeugnisse der Stadtkultur. An den Wallanlagen ist nun erst wieder besser zu erkennen, wie mühsam die Bürger*innen im ausgehenden Mittelalter ihre Stadt befestigten, um sie gegen Bedrohungen wie durch Wallensteins Truppen im Jahr 1627 zu schützen. Ein manchmal zu hörender Einwand ist, dass sich die Stadt heute nicht mehr verteidigen müsse, und deshalb eine Herstellung der historischen Formen unnötig sei. Nun, dies Argument träfe dann aber auch auf die gebaute Stadtbefestigung samt den verbliebenen Toren zu. Wir könnten sie erst verfallen lassen und dann abtragen. Wir tun es nicht, weil sie unserer Stadt eine historische Identität geben, und weil wir die Leistungen unserer Vorfahren schätzen. Gleiches gilt auch für den Lindenpark. Der vormalige Alte Friedhof ist eines der wichtigsten Zeugnisse der städtischen Sozial- und Begräbniskultur wie überhaupt der Stadtgeschichte Rostocks. Wer ihn besucht, wird noch immer auf Grabstätten treffen, die erhalten oder auch wiederhergerichtet wurden, um Zeugnis von dieser Zeit zu geben. Der Lindenpark ist von dichter städtischer Bebauung mit einer hohen Bevölkerungsdichte umgeben. Dem Freizeitbedürfnis der Anwohner*innen ist mit einem gestalteten, gut einsehbaren und gegen herabfallende Äste gesicherten Park mehr als mit einem verwilderten und immer weniger begehbaren Areal gedient. Die Sorge, dass es durch eine Auslichtung des Baum- und Heckenbestandes zu einer Verringerung der Vogelpopulation kommt, ist unbegründet. Ornithologische Forschungen zeigen immer wieder, dass in lichten und vor allem abwechslungsreichen Beständen sogar mehr und zudem auch an unterschiedliche Lebensräume angepasste Vogelarten siedeln, die Vielfalt also zu- und nicht abnimmt. Diese Erkenntnis gilt aber nicht nur für die Vogelwelt, sondern die Tier- und Pflanzenwelt insgesamt. Die Grundidee der hier stattfindenden landschaftsgärtnerischen Veränderungen ist es, ein lichtes und abwechslungsreiches inneres Areal zu schaffen, das zu den umgebenden Bereichen mit dichteren Gehölzbeständen gegen Straßenlärm geschützt wird. Diese Umwandlung dauert einige Jahre. Sie wird bodenschonend und bestandsschonend vorgenommen. Die Mitarbeiter des Amtes für Stadtgrün sind selbst die größten Pflanzen- und Tierfreunde. Bevor sie die Säge ansetzen, vergewissern sie sich jedes Mal, ob der Eingriff dem Ziel einer langfristigen Bestandserhaltung und -verbesserung dient. Dazu gehören auch Maßnahmen der Bestandsverjüngung, ohne die keine Grünanlage auskommen kann.

Jeder Gärtner kennt den Spruch, dass die Schere eines seiner wichtigsten Werkzeuge ist. Im übertragenen Sinne trifft das auf die derzeit stattfindenden Auslichtungen in den städtischen Grünanlagen zu.

Wie im Garten, so ist es auch hier: Die Maßnahmen schaffen wieder den notwendigen Raum für den natürlich vorkommenden oder bewusst gestalterisch eingesetzten Bestand an Tier- und Pflanzenarten, die sich mit den nun gegebenen Wachstumschancen viel besser entwickeln. Wer das am Lindenpark überprüfen will, sollte sich die vor einigen Jahren freigestellten Rhododendronpartien zu ihrer Blütezeit im Frühjahr ansehen. Der Park leuchtet dann in sich und aus sich heraus.

Mathias Jonas
Stellvertretender Vorsitzender des Verschönerungs-Vereins zu Rostock e.V.

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